Wie kann man aus Abfall Geld macht und dabei noch Gutes tut

Das Coffee Cherry Tea – Project macht genau das, denn bei der herkömmlichen Kaffeeproduktion werden Hülle (Fruchtfleisch) und Bohne (Kern) getrennt, um an die Bohne zu gelangen und das Fruchtfleisch verkommt zumeist als Abfall. Viele nutzen es auch als Misthaufen für die Zucht von Würmern. Man kann aber so viel mehr damit anfangen, es zum Beispiel zu Cascara weiter verwerten. Cáscara heißt im Spanischen Hülle, der Tee wird auch Kaffeekirschentee genannt und wird aus dem Fruchtfleisch der Kaffeekirschen gewonnen. Er ist schmackhaft süß, aromareich und voller Koffein. Aber er kann noch mehr! Cascara hat eine hohe Konzentration an Vitamin B2 und Vitamin E und ist zudem reich an Antioxidantien. Er wirkt anregend für den Stoffwechsel und beschleunigt diesen. Also ein toller Kaffeeersatz für alle müden Teetrinker wie mich. Vor allem eröffnet das Getränk den meist sehr armen Kaffeebauern eine neue Einnahmequelle. Also eine klassische Win-Win-Situation. Lest mehr im Interview mit Thomas Eckel Geschäftsführer der Murnauer Kaffeerösterei.

Wie sind Sie auf das Nebenprodukt Cascara aufmerksam geworden?

Den ersten Kontakt hatte ich vor über acht Jahre. Ich war gerade ganz frisch im Kaffeegeschäft als mir Cascara als die Entdeckung angepriesen wurde. Neugierig wie ich bin, habe ich das Ganze auch verkostet. Jedoch war ich ganz und gar nicht begeistert. Ein, zwei Jahre später wollte ein Kunde von mir unbedingt Cascara und ich habe das Produkt nochmals verkostet. Dieses Mal hat es ganz anders geschmeckt. Viel aromatischer und süßlicher. Manchmal sollte man ein Produkt nicht gleich nach der ersten Verkostung in eine Schublade stecken.

Wie entstand die Idee das Entwicklungsprojekt „Coffee Cherry Tea – Peru“ ins Leben zu rufen und was genau ist Ihr Ziel dabei?

Vor ca. 3 Jahren sind wir auf Kaffeebauern in Peru (Asociación de Agricultures Grano de Oro Miguel Grau) aufmerksam geworden, welche einen guten Kaffee produzieren. Unser Kontaktmann hat uns mitgeteilt, dass die Bauern eigentlich nur ernten und von einem professionellen Farming noch weit entfernt sind. Wir waren von dem Kaffee begeistert. Wir haben uns wie Diamantentensucher gefühlt. Wir hatten einen Rohdiamanten gefunden, welcher nur noch geschliffen werden musste. So war es bei diesem Kaffee. Mensch, wenn die Natur schon so guten Kaffee zum Vorschein bringt, was würden wir erst für eine Qualität erhalten, wenn wir mit neuesten Erkenntnisse des Kaffeeanbaues und der Kaffeeernte die Bauern unterstützen würden?

Wir waren begeistert, wie offen die Bauern auf Veränderungen eingestellt waren. Unsere erste Zusammenarbeit hat sich im Großen und Ganzen sehr gut entwickelt.

Bald kam die Frage, was wir sonst noch machen könnten und so haben wir lange über Cascara diskutiert. Cascara zu produzieren ist nicht gerade einfach. Gerne liest man „Wie kann man aus Abfall Geld machen und dabei noch was Gutes tun kann“. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus. Denn plötzlich wird Cascara kein Abfall mehr, sondern ein Lebensmittel, welches Europäischem Lebensmittelrecht entsprechen muss. Einige der Bauern haben ein sehr einfaches Leben und eine ebenso einfache Schulbildung, einige wenige könnte man mit Agrarökonomen vergleichen. Die Kaffeeproduktion ist eigentlich „einfach“. Da kann man für handelsübliche Ware nicht viel falsch machen. Die Cascara-Produktion jedoch verlangt viel mehr Wissen und Können. Aber, wir hatten das Feeling, dass dieses Projekt von den Pacha Mama Bauern angenommen wird. Also, haben wir es umgesetzt.

Mit wem arbeiten Sie zusammen, um das Project erfolgreich durchzuführen?

So ein Projekt kann man nicht aus der Ferne auf- und umsetzen. Aufgesetzt haben wir das Projekt mit Michael Scherff – Vertreter der Kaffeebauern der Asociación de Agricultures Grano de Oro Miguel Grau, Walter Knauer – unser Deutscher Pacha Mama Repräsentant und der Gesellschaft für industrielle Zusammenarbeit (GIZ). Die Umsetzung wird zum größten Teil von der GIZ finanziert und mit organisiert.  Das Projekt wird getragen von der GIZ, Knauer&Knauer und der Murnauer Kaffeerösterei.

Wie sehr können die Bauern von dem Projekt und dem Verkauf des Cascaras profitieren?

Das Leben der Kaffeebauern hat sich allein in den letzten drei Jahren rasant verändert. Bevor wir mit dem Projekt begonnen haben, hatten die Bauern ihren Kaffee ganz normal „an der Börse“ verkauft. Es war ein reines Mengenprodukt. Die Qualität war sekundär und wurde bei der Preisfindung so gut wie vernachlässigt. Bei uns jedoch liegt die Qualität im Fokus. Und daran arbeiten wir regelmäßig mit den Kaffeebauern zusammen.
Als wir mit den Bauern die Möglichkeit diskutiert haben, auch Cascara zu produzieren, waren das Interesse groß. Cascara heißt jedoch auch, die Bauern aus ihrer jetzigen Rolle herauszuholen und zu Lebensmittelproduzenten nach europäischen Recht zu machen. Die Bauern haben viel gelernt. Haben auch an Selbstvertrauen gewonnen und vor allem durch den Verkauf eines weiteren Produktes – Cascara – eine weitere Einkommensquelle.

Wo kann man den Kaffeekirschentee in Deutschland probieren oder kaufen?

Unseren Kaffeekirschentee können Sie in unserem Kaffeehaus in Murnau sowie in unserer Cafébar in München, im Werk3, kaufen und probieren. Außerdem ist unser cascara auch über den Onlineshop erhältlich: http://www.murnauer-kaffeeroesterei.com/shop/tee-suesses/kaffeekirschen-tee.html

Lieber Herr Thomas Eckel, vielen Dank dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben und wir wünschen Ihnen viel Erfolg für diese tolle Initiative!

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