Kaffee hat mittlerweile ein schwieriges Image. Das liegt nicht zuletzt an der Ausbeutung der Arbeiter und des Bodens. Immer mehr kleine Manufakturen setzen sich für einen fairen Kaffeegenuss ein. Die Murnauer Kaffeerösterei legt dabei großen Wert auf die persönliche Auswahl der Rohware, denn die Qualität eines guten Kaffees beginnt mit dem Einkauf der noch nicht gerösteten, grünen Bohnen.
Im Interview mit Thomas Eckel Chef-Diplom-Kaffeesommelier und Deutschlands erster Q-Grader erfahrt ihr mehr zum Thema.
Lieber Herr Eckel, wie sind Sie zur Kaffeerösterei gekommen?
Kurz gesagt, ich bin über Hawaii, Kolumbien, Holland bzw. meinen Vater und ein attraktives Mädchen zum Kaffeerösten gekommen. Mit meinem Vater war ich vor ca. 20 Jahren auf Hawaii. Bei einer Fahrt über die Insel schrie er plötzlich: „Bleib stehen! Was ist das denn?“ Es war ein Kaffeestrauch. Und wieso waren wir so verwundert? Er hatte gleichzeitig wunderschöne weiße Blüten und Purpur rote Kirschen. Der Plantagen-Besitzer war so freundlich und hat uns sein Anwesen gezeigt. Die Einladung zur einer Tasse Kaffee auf seiner Veranda hat mein Leben verändert und hat mich damals absolut begeistert: „Wow! Das ist ja einmalig. Dieses Aroma, dieser Geschmack. Mensch, wenn das Kaffee ist, was wird uns eigentlich in Deutschland angeboten?“ Leider hatte ich dieses Wow Feeling zu Hause nicht mehr und darum bin ich leidenschaftlicher Teetrinker geworden.
Bis ich ca. 10 Jahre später in Holland ein attraktives Mädchen kennengelernt habe, welches einem kolumbianischen Kaffeebauern half seinen Kaffee direkt von der Plantage an die Konsumenten in Europa zu verkaufen. Dieser kolumbianische Kaffee sollte nun mein Leben nachhaltig verändern. Denn, es war ein Kaffee, welcher endlich mal wieder so schmeckte, wie meine Erinnerung an den guten Kaffee auf Hawaii.
Bis ich dann aber eine eigene Rösterei hatte, dauerte es noch. Aber ab dem Zeitpunkt hat mich Kaffee so richtig interessiert. Darum habe ich eine Ausbildung zum Chef-Diplom-Kaffeesommelier in Wien gemacht. Das war die Basis für meine zukünftige Röster-Laufbahn. Es folgte dann noch die Ausbildung zum Q-Grader was man als Kaffeegutachter übersetzten könnte. Und seit ungefähr 2008 lebe ich nun ausschließlich mit, für und vom Kaffee.
Welche Qualitätsrichtlinien haben Sie?
Einerseits ist der Kaffeemarkt ist von großen Produzenten mit günstigem Kaffee gesättigt. Zum Glück aber werden auch die Kaffeeliebhaber, die auf der Suche nach Qualitätskaffee sind, täglich mehr.
Unser Ansatz seit Gründung der Murnauer Kaffeerösterei ist es, hochwertigen Plantagenkaffee einzukaufen, diesen fachmännisch aromatisch und besonders schonend zu rösten und ihn dann anzubieten. Als Qualitätskaffee, bzw. Spezialitäten-Kaffee, werden dabei Kaffees bezeichnet, welche bei einer Punktebewertung – ähnlich den Parker-Punkten beim Wein – mehr als 80 von möglichen 100 Punkten erhalten. Unser Anspruch ist es, nur Kaffee über 84 Punkte im Sortiment zu haben dies entspricht ungefähr einem Prozent der Welternte.
Wie stellen Sie sicher, dass diese eingehalten werden?
Wir arbeiten mit Plantagen zusammen auf den es auch Q-Grader gibt. Das sind zwar nicht alle, jedoch einige. Im Beschaffungsprozess unterstützt uns zudem Deutschlands erste Q-Graderin. Jeder Kaffee wird vor dem Versand aus dem Ursprungsland noch auf Qualität geprüft. Passt die Qualität dann kaufen wir und der Kaffee wird importiert. Außerdem sind auch Vertrauen und Hoffnung wichtig. Vertrauen darein, dass der Bauer uns auch das sendet was wir gekauft haben und die Hoffnung, dass der Kaffee bei der Überfahrt nicht an Qualität verliert.
Was steht hinter dem Konzept von Direct Trade?
Direct Trade ist uns sehr wichtig. Wir glauben mit diesen Ansatz in der Kaffeewelt einiges verbessern zu können. Lassen Sie mich neben Direct Trade das Wort Direct Contact auch gleich mit in den Raum werfen. Beim Direct Contact haben wir einen direkten Kontakt zu den Kaffeebauern. Sei es durch E-Mail, Telefon, Sykpe, etc. Dieser Direct Contact ist uns wichtig, da wir eine enge Beziehung aufbauen und pflegen können. Jedoch ist es nur ein Teil der Miete. Am Telefon kann man viel erzählen, wichtig ist, entspricht das Erzählte auch unseren europäischen Vorstellungen? Dies zu „prüfen“ und zu hinterfragen gehen wir einen Schritt weiter und zwar zum Direct Trade. Direct Trade Kaffees bezeichnen wir als Murnauer Kaffeerösterei nur Kaffees, welche wir direkt beim Bauern kaufen, welchen wir persönlich kennen, da wir schon vor Ort waren. Dabei kann einem auch schnell klar werden, dass das, was der Bauer einem erzählt hat, nicht deckungsgleich mit unseren Vorstellungen ist. Dann machen wir uns lieber wieder auf die Suche nach anderen Geschäftspartnern. Jedoch gibt es auch viele positive Beispiele, wo sie vor Ort eine Artenvielfalt an Kaffeepflanzen und beispielhafte Mitarbeiterbetreuung erleben können, von denen der Kaffeebauer vielleicht nur nebenbei gesprochen hat, dass sie beim Besuch solcher Plantagen und solch vorbildlicher Haltung zum Schwärmen kommen.
Gut die Hälfte der Kaffees der Murnauer Kaffeerösterei sind BIO zertifiziert und mit dem EU-Biosiegel gekennzeichnet. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Bio ist mir persönlich wichtig. Mit den Zertifizierungen jedoch wird es Bereich der Spezialitätenkaffees immer schwerer. Je besser der Kaffee, desto weniger Zertifikate werden Sie finden. Viele Kaffeebauern, mit welchen wir auch bereits seit Jahren zusammenarbeiten, haben sich für den Ausstieg aus der Zertifizierung entschieden, da Ihre Kunden nicht nach Zertifikaten sondern nach Qualität fragen.
Ich als Tee-Liebhaber bin völlig begeistert von meiner Neuentdeckung bei Ihnen: dem Kaffeekirschen Tee. Er enthält den Muntermacher Koffein, ist aber fruchtig und süß. Wie sind Sie auf diesen Tee gekommen und haben Sie noch einen Serviertipp?
Diesen Tee musste ich mehrmals probieren. Die ersten Muster, welche ich bereits vor über fünf Jahren erhalten habe, haben mir gar nicht geschmeckt. Heute sieht der Markt ganz anders aus. Heute werden süßlich, aromatische Kaffees zur Aufbereitung für Kaffeekirschentee ausgewählt. Die Trocknung findet mit Erfahrung statt. Dieser Tee hat sich wirklich entwickelt. Ich selbst kann den Kaffeekirschentee als Iced Tee empfehlen.
Fotos: strohwasser-licht.de